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Die Staatsbibliothek zu Berlin und ihre Nachbarschaft

Preisgekrönter Wettbewerbsbeitrag für die Staatsbibliothek auf dem ehemaligen Flugfeld Tempelhof in Berlin.

Region

Europa und Nordamerika

Datum

2013-2014

Leistung

Städtebau und öffentlicher Raum

Wettbewerbssieg

Projektdetails

Ort

  • Berlin (Deutschland)

Typ

  • Beratung

Kunde

  • Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt

Partner

  • MARS Architecten
  • Treibhaus Lavaland

Fläche

16ha

Auszeichnungen

  • Anerkennung

Das Tempelhofer Flugfeld oder der Flughafen Berlin-Tempelhofer ist als einer der ersten Flughäfen Berlins bekannt. Der 1927 in Erwartung des wachsenden Luftverkehrs durch das NS-Regime errichtete Flughafen entwickelte sich zu einem der drei europäischen Wirtschaftsflughäfen der Vorkriegszeit und spielte eine zentrale Rolle bei der Berliner Luftbrücke 1948 und 1949. Nach seiner Schließung im Jahr 2008 verlagerte sich der Berliner Flughafenbetrieb auf Tegel und Schönefeld, bevor 2020 der Flughafen Berlin Brandenburg eröffnet wird.

Blick auf das Tempelhofer Flugfeld

Eine Zentralbibliothek für Berlin

In den Jahren 2013 und 2014 lud die Stadt Berlin Architekten, Stadt- und Landschaftsplaner zu einem internationalen Wettbewerb ein, um eine neue Berliner Zentralbibliothek und ihr Umfeld auf dem Tempelhofer Flugfeld zu entwerfen.

Ziel des Projekts war es, die verschiedenen, über die Stadt verstreuten Bibliotheken in einer einzigen zentralen Einrichtung zusammenzufassen. Der Vorschlag stieß jedoch auf politische Spannungen, und nach Abschluss des Wettbewerbs wurde in einer öffentlichen Abstimmung beschlossen, den Bau auf dem Flugplatz zu stoppen.

Trotzdem kam unser Vorschlag, der mit Hilfe des Architekturbüros MARS Architekten und des Büros OKOMO Landschaft and Stadtraum (ehemals Treibhaus Lavaland) erarbeitet wurde, unter die zehn ausgewählten Finalisten. Die damalige Senatsbaudirektorin von Berlin, Regula Lüscher, lobte unseren Beitrag für die durchdachte Integration von Bibliotheksstandort und Stadtteilgestaltung.

Berlins Geschichte der Stadterneuerung

Berlins Herangehensweise an die Stadterneuerung unterscheidet sich seit jeher von der anderer deutscher Städte und ist geprägt von den Folgen einer fragmentierten Stadtplanung und der Dringlichkeit des wirtschaftlichen Drucks nach der Wiedervereinigung.

In den Jahren nach der Wiedervereinigung sah sich die Stadt mit erheblichen finanziellen Problemen konfrontiert, die den Verkauf von Grundstücken in öffentlichem Besitz an private Bauträger zur Folge hatten. Diese Strategie wurde als schnelle Lösung zur Wiederherstellung der Liquidität angesehen, hinterließ jedoch bleibende Auswirkungen auf das städtische Gefüge Berlins.

In den frühen 2000er Jahren entstand die Vorstellung, dass Berlin auf eine Einwohnerzahl von fünf Millionen anwachsen und zu einem zentralen Knotenpunkt in Europa werden könnte. Als sich diese Prognosen nicht bewahrheiteten und die Banken sich dafür entschieden, in anderen deutschen Städten zu bleiben, entstand stattdessen eine kulturelle Identität, die sich auf Kunst, Informalität und die Lebendigkeit der Basis stützt.

Während die Fehler der Vergangenheit bei der Planung anerkannt wurden, hat Berlin inzwischen seine Freiräume und seine informelle Kultur zu schätzen gelernt. Orte wie das Tempelhofer Flugfeld stehen nicht nur für leeres Land, sondern auch für gemeinsame Erinnerung, öffentlichen Wert und die sich entwickelnde Identität der Stadt.

Die Bürger setzen sich zunehmend dafür ein, dass diese Flächen unbebaut bleiben, da sie ihre kulturelle und emotionale Bedeutung erkannt haben.

Methodology

Phase Eins - Standortstrategie und Nachbarschaftsplanung

In der ersten Phase des Wettbewerbs ging es darum, einen geeigneten Standort für die Bibliothek zu finden und einen umfassenden Nachbarschaftsplan zu entwickeln. Die Herausforderung bestand darin, mehrere Ziele miteinander in Einklang zu bringen, darunter die Erhaltung der Größe und der Geschichte des Flugplatzes bei gleichzeitiger Integration der städtischen und ökologischen Systeme.

Dabei konzentrierten wir uns auf die städtebauliche Gestaltung als Leitelement und gaben der räumlichen Anordnung den Vorrang vor der architektonischen Form. Unser Plan sah ein Netz von verstreuten Türmen und durchlässigen öffentlichen Räumen vor, die dem Lärm, der Zugänglichkeit und den ökologischen Bedürfnissen Rechnung tragen. Anstatt eine hohe Dichte vorzuschreiben, zielte der Entwurf darauf ab, die gebaute Form mit der grünen Landschaft zu verschmelzen und so Offenheit und Lebensqualität zu fördern.

Modell der Staatsbibliothek zu Berlin und ihrer Umgebung

Zu den wichtigsten Überlegungen gehörten die Verringerung des Lärms von den nahe gelegenen Straßen, die Aufrechterhaltung der visuellen Kontinuität des Flugplatzes und die Einbettung des historischen Kontextes in die neue Entwicklung. Im Gegensatz zu anderen Entwürfen, die sich stark auf den architektonischen Ausdruck konzentrierten, lag der Schwerpunkt unseres Entwurfs auf der Struktur der Nachbarschaft und der Integration der Bürger.

Das Ergebnis war eine durchdachte und dennoch offene Konfiguration, die ein Gleichgewicht zwischen Kosten, Schönheit und behördlichen Standards herstellte, wobei wir uns letztendlich für eine eher schönheitsorientierte Lösung entschieden.

Masterplan für das Planungsgebiet

Phase Zwei - Entwurf der Bibliothek

Zehn Finalisten kamen in die zweite Phase, in der es um die Gestaltung des Bibliotheksgebäudes selbst ging. Hier haben wir unser städtebauliches Konzept der Offenheit in eine architektonische Form umgesetzt.

Unser Ansatz spiegelt ein modernes Verständnis der Bibliothek als dynamischer, anpassungsfähiger städtischer Raum und nicht als statisches Archiv wider. Der Entwurf sieht mehrere Ebenen mit unterschiedlichen Raumkonfigurationen vor, um eine Reihe von Nutzungen zu ermöglichen: Solidarität, Lernen, gemeinsames Arbeiten und öffentliche Interaktion.

Eine wichtige Geste des Gebäudes war sein vollständig offenes Erdgeschoss, das als Erweiterung des öffentlichen Raums des Viertels fungieren sollte. Die Bibliothek wurde sowohl als kultureller Anker als auch als zugänglicher Teil des Tempelhofer Alltagslebens konzipiert.

Wir wollten kein Denkmal für die Vergangenheit schaffen, sondern einen Raum, der aktiv genutzt wird und sich ständig mit seiner Umgebung weiterentwickelt.

Nachwirkungen und Einfluss

Obwohl der Bau der Tempelhofer Bibliothek letztendlich nicht realisiert wurde, hat das Projekt einen bleibenden Einfluss auf die Art und Weise, wie wir bei TSPA an Stadtplanung herangehen.

Jedes neue TSPA-Projekt wird durch die gesammelten Erfahrungen geprägt. Wir lernen aus dem, was gut funktioniert hat, was uns herausgefordert hat und wie wir unsere Methodik weiterentwickeln. Obwohl der Tempelhofer Wettbewerb als ein Vor-TSPA-Projekt gilt, das unter Uberbau abgeschlossen wurde, ist sein Einfluss in späteren Arbeiten sichtbar, einschließlich unseres Vorschlags für die Amo ZIL Factory in Moskau.

In den letzten Jahren sind die Gespräche über das Tempelhofer Gelände wieder aufgeflammt. Einer von TSPAs Co-Working-Space-Partnern, die DZH, ist derzeit in neue Design-Diskussionen im Zusammenhang mit einer möglichen Bibliotheksentwicklung dort involviert.

Berlin hat bedeutende Fortschritte bei der Anerkennung des Wertes von Freiräumen und kulturellem Erbe gemacht. Mit der Wiederaufnahme des Dialogs rund um das Projekt bleiben wir zuversichtlich, dass diese Wiederholung dort Erfolg haben wird, wo frühere Bemühungen zum Stillstand gekommen sind.

Stadterneuerung, insbesondere an historisch und politisch belasteten Orten, erfordert Zusammenarbeit, Klarheit und gemeinsame Ambitionen von Stadtplanern, Architekten, Designern und Behörden. Die Lehren aus dem Tempelhofer Projekt sind auch heute noch wichtig für unsere Herangehensweise an Projekte: mit Präzision, Sorgfalt und Verständnis.